Von Motueka über die Westküste Richtung Süden
Wir bleiben unserem Reiserhytmus treu und fahren montags nur bis nach Wai Iti, ein schöner Übernachtungsplatz direkt am Great Taste Trail. Nachmittags sitzen wir im Schatten und nutzen mal ausgiebig das Internet, recherchieren, checken unsere Konten und tätigen Zahlungen. Die nächsten Tage ist noch sonnig angesagt, ideal für Bergtouren, also geht es nächsten Tag weiter nach Saint Arnaud, ein Bergsteigerdorf und Skiort, jetzt zu Beginn des Sommers verschlafen. Am Lake Rotoiti sehen wir uns mal um und gehen spazieren, eine tolle Bergkulisse spiegelt sich im See, der aus einem Gletscher entstanden ist. Die Landschaft erinnert ans Salzkammergut, ohne Häuser die es bei uns gibt. Unser Übernachtungsplatz bestätigt all die Warnungen die wir bezüglich Sandflies erhalten haben- hier sind sie zu Tausenden und aggressiv. Nur kurz das Fenster oder die Türe offen lassen und man hat gut ein Duzend der Viecher im Auto. Trotz einsprühen versuchen Sie uns zu beißen, wir ziehen uns rasch ins Auto zurück und beobachten durch die Fliegengitter wie sie einen Zugang zu uns suchen. Die Luft flirrt vor Insekten und obwohl es dann auch noch zu regnen beginnt, verschwinden sie nicht. Bevor wir einschlafen erlegen wir noch unzählige die sich an den Scheiben einfinden und wahrscheinlich nur darauf warten bis wir Haut zeigen. Nachdem immer neue auftauchen stopfen wir noch Taschentücher in die Ritzen die sich an der Heckklappe zeigen, es ist nur ein kleiner Spalt, aber scheinbar groß genug damit Sandfliegen durchrutschen können. Das war's, die Nachtruhe ist gerettet, der Platz friedlich inmitten der tollen Landschaft. Mittwoch geht's dann zeitig los, Aufstieg auf den Mt. Roberts zwei Stunden auf 1290 Meter zur Bush Hut. Ein sagenhafter Ausblick bei Traumwetter, über den Höhenrücken geht es dann noch an zwei weiteren Hütten vorbei und dann wieder runter. Immer wieder liegt uns der See zu Füßen und die Berge zeigen teilweise noch ein wenig Schnee am Gipfel. Wir sind jetzt 70 Kilometer vom Meer entfernt und schon mitten in den Bergen. Von hier aus kann man an die Ostküste oder an die Westküste fahren, wir nehmen den Weg nach West.
Die Straße wurde dem Fluss (Buller Georges) entlang gebaut, wobei man oft von ziemlich weit oben in die Schlucht hinunter schaut. Wir finden wieder einen Rastplatz an dem man auch über Nacht stehen bleiben darf mit Zugang zum Fluss in dem wir auch ein erfrischendes Bad nehmen. Leider ist hier der Aufenthalt im Freien durch gefräßige Sandfliegen getrübt, wir essen zwar noch draußen, sobald es dämmrig wird sind wir aber drinnen und betrachten Wekas, Opossums und was sonst so unterwegs ist durch die Scheiben und Fliegengitter. Wekas sind hier so zahlreich wie Möwen am Meer, sobald man stehen bleibt kommt mindestens ein Vogel schauen, dann werden es immer mehr und auch wenn man sie nicht füttert freuen Sie sich über ein paar Brösel die abfallen. Salat mögen sie nicht und auch andere Gemüsereste picken sie nur einmal an. Warum sie dann unsere Schältomatendosen unbedingt aus dem Müllsack befreien wollen, versteht man das? Scheu sind sie gar nicht, sogar ihre Jungen dürfen nah heran und ihr Glück versuchen, betteln muss gelernt werden. So mögen wir die Nachmittage und Abende, die Natur zwitschert und bewegt sich und wir sitzen mitten drin. Übrigens Wekas geben ein komisches Geräusch von sich, eher wie husten.
Murchison ist wieder mal so ein Ort in dem man nicht weiß wo man stehen bleiben soll, es tut sich kein Zentrum auf. Guter Platz ist die Toilettenanlage und Mülleimer, die sind immer willkommen. Der Ort ist auch deswegen so konstruiert, weil er durch ein Erdbeben 1929 völlig zerstört wurde. Dank der dünnen Besiedlung und der leichten Holzhäuser gab es damals nur 17 Todesopfer. Heute ist ein wenig Tourismus hier, die Schlucht ist ein gutes Revier für Wildwasserfreunde, Wanderungen und ein mehrtägiger Mountainbike Track an der Old Ghost Road ist auch ausgeschildert. Insgesamt ist die Strecke 85 km lang, man könnte sie auch wandern. Nachdem hier nirgends der Bär steppt wird alles was sich nur irgendwie vermarkten lässt groß aufgezogen, so auch die längste Hängebrücke über den Fluss und wer es noch spektakulärer möchte kann auch mittels Zipp-Line über den Fluss düsen. Wir begnügen uns mit ein paar Fotostopps und sind nachmittags schon in Westport wo wir auch über Nacht bleiben.
Westport ist einer der etwas größeren Orte, oder vielleicht sogar eine kleine Stadt mit etwa 5000 Einwohnern. Alle Städte hier an der Westküste sind durch Bergbau groß geworden. Kohle, Gold und Jade, letztere wurde schon von den Maori geschätzt und zu Werkzeug und Schmuck verarbeitet. Wie überall haben die Neuankömmlinge die Maoris verdrängt, ihnen das Land weg genommen und rasch mit der Ausbeutung der Ressourcen begonnen. An jeder Flussmündung wird auf die vielen Wracks hingewiesen, viele haben den Weg in die neue Heimat nicht geschafft, oft sind Schiffe gestrandet und hunderte ertrunken.
Die Lebens- und Arbeitsbedingungen im Bergbau waren dann auch nicht zu unterschätzen, aber was tut man nicht alles für die Hoffnung auf Gold und Reichtum. Der eine oder andere hat es ja auch wirklich geschafft und es zu was gebracht, auch heute wird zum Beispiel in Charleston oder Russ noch Gold geschürft, als Tourist dürfte man auch ein paar Krümel mit nehmen.
Die nächsten Tage sind etwas trüb und Samstag sogar regnerisch. Wir haben Glück und können die Wanderung aufs Cape Foulwind noch bei Sonne machen. Bei der Seehundkolonie sind erst die Frühankömmlinge da, die Hauptsaison ist Dezember, da tummeln sich dann hunderte Tiere auf den Felsen. Wir können aber einige Tiere im Wasser, bei ihrer Landung am Felsen, beim Sonnenbaden oder auch ihre Jungen, die weiter hinten im Trockenen Bereich warten beobachten. Man muss sich erst ein schauen, denn farblich bieten sie kaum Kontrast zur Umgebung und wenn sie sich nicht bewegen könnte man meinen man sieht einen Felsen. Die Kleinen sind grau bis hellbraun, perfekt passend zu trockenen Felsen und Sand dazwischen.
Die Pancake Felsen erleben wir bei Nieselregen, immerhin schüttet es nicht. Tolle Felsformationen und das Meer mit eindrucksvoller Brandung, was auch ein akustisches Erlebnis mit Getöse ergibt.
Graymouth fällt dann praktisch ins Wasser, zuerst schlendern wir durch den Ort, der wegen vieler verfallener oder kaum renovierter Häuser, dazwischen alte Industrieanlagen, einfach keinen Scharm ausstrahlt, Regen verschlimmert so ein tristes Bild natürlich. Positiv hier ist, dass der Campground am Surfstrand schön ist, im Auto haben wir es gemütlich, da kann es ruhig auch mal regnen.
Vielleicht haben wir das als Segler im Blut, ein Blick auf den Wetterbericht sagt uns, dass es Montag und Dienstag sonnig sein wird, dann kommt wieder Regen für den Rest der Woche. Gut, dass wir Sonntag, der übrigens auch schon recht sonnig wurde, einige Kilometer Richtung Süden fahren konnten. Nachdem wir beide keine großen Ambitionen als Goldschürfer haben, brauchen wir uns weder Shanty Town noch andere Touristenattraktionen anschauen. Wir bleiben in Hokitika und Ross stehen, beide Städte für Gold und Jade bekannt. Ross ist ein Dorf, wobei die Goldschürfeinrichtungen und einige alte Häuser zu besichtigen sind. Sogar die Gefängniszelle ist original zu sehen, die Vergangenheit lebt in vielen Bildern wieder auf. Hokitika ist toll, der Ort ist schön, der Strand endlos und die Strandpromenade ein Traum. Trotz Sonntag ist einiges los, nette Cafés und viele Geschäfte mit Schmuck, Kunsthandwerk, Morinowollkleidung und Opossumpelzen. Auch hier gibt es Industrie, die steht aber dezenter im Hintergrund und die 4000 Einwohner haben ihre Häuser deutlich besser gepflegt. Hier könnte man es länger aushalten, wir wollen aber noch einige Kilometer weiter, näher ran an die zwei Gletscher, Franz Josef und Fox, die stehen dann an den sonnigen Tagen am Programm.
Jeden Tag aufs Neue wichtig ist die Frage, wo können wir die nächste Nacht verbringen. Wir sind Freedom Camper, wir wollen, wenn es nicht unbedingt nötig ist nicht noch zusätzlich fürs übernachten zahlen, wir brauchen keinen Strom, haben Solar, immer genug Wasser dabei, wenn nötig auch eine eigene Toilette. Wobei wir die öffentlichen Toiletten bevorzugen, denn die sind hier in Neuseeland wirklich fast überall und noch dazu sauber, selbst wenn es Plumpsklos sind. Um einen guten Platz zu finden gibt es Camper Apps die wir alle auf unsere Handys geladen haben. Dank der Technik haben wir so nicht nur die Orte mit all ihrer Infrastruktur, sondern auch relativ aktuelle Kommentare wie es dort derzeit aussieht. Für die nächste Nacht entscheiden wir uns für einen Platz am Fluss, eine große Schotterbank bietet genug Platz zum stehen und im Fluss kann man abends auch noch vorzüglich baden. Nur die Sandfliegen sind wie überall hier zahlreich und so spielt sich kochen und essen wieder indoor ab. Wenn das so weiter geht fahren unser Campingtisch und die Stühle nahezu unbenutzt mit.
Früh morgens brechen wir auf, zurück zur Hauptstraße und die letzten Kilometer nach Franz Josef, so heißt der Ort zum gleichnamigen Gletscher. Man staunt, denn schon am Weg überbieten sich die Angebote an Hubschrauberflügen zum und über den Gletscher, da scheint wirklich was los zu sein. Franz Josef erinnert schon sehr an ein touristisches Bergdorf, wo sind da die Einheimischen und wo könnte man ganz normal einkaufen? Wir brauchen nichts und sind rasch durch den Ort, nächster Halt der Parkplatz von dem aus die Wanderungen zum Gletscher starten. Da gibt es einige Optionen, von der Tagesbergtour Alex Knox bis zu gemütlichen Spaziergängen zu Aussichtspunkten von denen aus man den Gletscher sehen kann. Bis zum Fuß des Gletschers sind es 3 Kilometer, soweit hat er sich in den letzten Jahren zurück gezogen und einige Wege sind wegen Geröll gesperrt. Nachdem die Tagestour zu aufwendig ist, wandern wir zu allen Punkten von denen aus man den Gletscher gut sehen kann und fahren dann weiter zum Fox Glacier. Wie befürchtet ist es ab Mittag bewölkt, wir sehen den Fox Gletscher von der Ferne unter den Wolken, können aber die Spiegelung im Lake Matheson leider nicht bewundern, ohne Sonne kein Berg im See. Da bleibt nur eines, hier übernachten. Unser gewählter Platz am Meer, Gillespies Beach entpuppt sich als Tortur für Mensch und Auto, wir drehen rasch um, soviel Gravelstraße wollen wir uns heute und morgen früh nicht antun, wir übernachten im Ort mit Dusche und Küche, die wir abends benutzen können.
Vor lauter Angst den Gletscher nicht ohne Wolken zu sehen brechen wir um sieben auf und sind tatsächlich die ersten die an diesem Tag zu den Aussichtspunkten wandern. Alles gut, wunderbar sonnig, nur leider blendet die Sonne, die gerade über dem Gletscher aufgegangen ist, das schadet den Farben der Bilder und das Eis kommt lange nicht so gut zur Geltung wie mit Licht von hinten. Die Stimmung ist aber sensationell und später hätten wir den Ort nicht mehr für uns alleine, so ist der Moment magisch. Einer der wenigen Gletscher weltweit der sich sein Tal mit tropischen Pflanzen teilt und der trotz Schmelze einen Steinwurf vom Meer entfernt ist. Die Flüsse sind auch sehr eindrucksvoll, viel Geröll, weite Flussbette, die sich erst bei Regenfällen füllen, derzeit sind nur kleine klare Flüsse zu sehen, teilweise tiefblau oder türkis. Schon am Vormittag sitzen wir am Meer, Maori Beach, sagenhaft die Weite, die Unberührtheit, Sand soweit das Auge reicht und überall Schwemmholz von den Flüssen hier abgelagert. Der Tag bleibt sonnig und wir genießen die Strecke zwischen Meer und Bergen, Tälern mit wilden Schluchten oder weitem Weideland, alles ist so nah beisammen und nur selten Häuser, wirklich einsam die Gegend hier. Wir wandern auch noch zu den blauen Pools, wie viele andere Touristen auch, einfach ein schöner Gebirgsfluss der aus der Schlucht in ein Tal fließt. Dabei ergeben sich blaue Pools in denen man auch baden kann. Schlussendlich kommen wir bis zum Lake Wanaka und Lake Hawea, zwei große Gletscherzungenseen inmitten von Bergen. Salzkammergut ohne Menschen und Häuser, das Ufer fällt die meiste Zeit relativ steil ab, die Straße verläuft am Hang, es gibt nur wenige Seezugänge und die sind privat, also doch wie zuhause. Viele Aussichtspunkte laden für kurze Pausen ein, immer verfolgt von Sandfliegen und bis abends auch von Regen. Wir finden einen guten Platz mit Aussicht auf See und Berge, schon besonders wenn man in der Nacht oder morgens aus dem Fenster blickt.
Wie angesagt bleibt es bewölkt und so haben wir Wanaka und Umgebung teilweise bei Regen. Der Mt. Iron, der Hausberge von Wanaka mit tollem Ausblick lässt sich trotzdem besteigen, dann noch weiter Richtung Queenstown und Halt am einzigen Freedom Platz der Gegend auf über 1000 Meter Seehöhe, die Berge um uns sehen getupft aus, sie sind von lauter großen Grasbüschel bewachsen, ohne Bäume, da wurde auch etwas zu beherzt gerodet. Für uns sehr amüsant sind wir auch an ein paar Skiorten der Gegend vorbei gefahren, die Skihütten, die Werbung jetzt zu Beginn des Sommers wirkt komisch und die Kombination mit Schafen und Holzhäusern wie Westernschuppen passen nicht zum Klischee welches wir von Winterskiorten haben. Vielleicht ist das das Besondere an Neuseeland, man fühlt sich nicht fremd und ist doch so weit weg, mitten im pazifischen Ozean.
In der Nacht ist es auf unserem Platz auf über 1000 Höhenmeter ziemlich kühl, mit zusätzlicher Wolldecke geht's und in der Früh haben sich die Wolken verzogen, mit blauem Himmel ist das Bergpanorama gleich nochmal so schön. Es geht steil ins Tal hinunter und es sind nur einige Kilometer am Flughafen und Einkaufszentrum vorbei nach Queenstown. Wieder breitet sich ein glitzernder See vor uns aus, diesmal jedoch ist jeder Zentimeter Ufer verbaut und auch an den Hängen drängen sich moderne Siedlungen. Ganz Queenstown besticht durch seine modernen Bauten die sich wie selbstverständlich zu den wenigen historischen Gebäuden mit Dampfschiff an der Hafenprominade fügen. Hier trifft reich auf jung, neben Luxushotels und Apartments werben Backbacker Hostels, Luis Vitton und andere Markenläden liegen Tür an Tür mit Eventanbietern, wobei Speedboot, Rafting, Paragleiten, Flüge aller Art, ZIP Line und vieles mehr gleich ins Auge springt. Von hier werden auch die großen Tracks im Milfordsound vermittelt, mehrere Tage wandern, übernachten in Hütten, ein nicht ganz billiges Vergnügen, was noch dazu oft wegen Wetterumschwüngen ins Wasser fällt.
Schon am Nachmittag ist in den Bars was los und angeblich gibt es hier ein Nachtleben, anders als sonst in Neuseeland. Auch Queenstown hat einen Hausberge auf den man wandern kann, wir genießen den tollen Ausblick auf die Stadt und den See und später am Nachmittag sitzen wir noch im Queensgarden in der Sonne, das Wetter ist weit freundlicher als vorher gesagt. Uns gefällt die Stadt, es ist eine lebendige Mischung, sehr touristisch, wie man es aus den Skigebieten in Österreich kennt. Leider machen sie es uns nicht leicht hier zu bleiben, denn es gibt nur wenige und teure Campingplätze, Freedom geht da gar nichts und so fahren wir noch den See Richtung Süden zu einem Picknickplatz der zum Campen geeignet ist. Wir parken direkt am See, umgeben von Bergen mit unterschiedlichem Wolkenspiel. Der Platz ist perfekt und er ist groß genug das die weiteren 20 Camper zwischen den Bäumen Platz finden. Wir bleiben Freitag hier, sitzen in der Sonne, lesen, schlafen ein wenig. Bisher sind wir fast jeden Tag weiter gefahren und waren sehr aktiv mit immer neuen Eindrücken, da tut eine Pause auch mal gut und hier ohne Sandfliegen kann man auch draußen sitzen.
Jetzt ist es nicht mehr weit zum Fjordland, dort wollen wir die nächsten Tage hin, Samstag rasten wir noch an einem schönen Platz am Fluss, Robert ist etwas verkühlt, da soll man sich eh nicht anstrengen.
Sonntag wollen wir gleich in der Früh in Te Anau sein.