Österreich ade, Karibik wir kommen

3. Oktober, mein letzter NEF Dienst, Gewand waschen und zurückgeben, sich verabschieden und schon ist meine Arbeitszeit in Österreich vorbei. Im Spital hab ich noch ein paar Dienste und da braucht man am Schluss seine Dienstkleidung nur dem Wäscheservice, dem Automaten anvertrauen, Schlüssel und Chip für die Türen im Spital im Büro abgeben. In der Wäsche sind auch Chips drin, damit erkennt der Automat welche Wäsche du zurückgegeben und was du ausgeliehen hast, die neue volle Kontrolle, wird uns sicher nicht abgehen. Auch die Bürokratie, die mir, obwohl ich die meisten Abläufe ja jetzt schon ganz gut durchschaue, immer noch ärgerlichen Papierkram beschärt , wird mir nicht fehlen. Alles in allem haben wir aber alle Hürden in Österreich gut gemeistert, viele nette Besuche gehabt, bzw. auch oft eingeladen, Ausflüge gemacht, Zeit mit der Familie verbracht. Und natürlich ständig irgendetwas vorbereitet, einerseits damit hier in Österreich alles wieder Rund läuft während wir weg sind, andererseits, damit wir auch nichts vergessen was wir an Bord mit nehmen wollen. Zwei mal 20 Kilo und das alles muß noch in zwei tragbare Gepäckstücke passen. Wenn man sich die Haufen, die wir schon zusammengerichtet haben so ansieht, kann man sich schlecht vorstellen, dass sich das ausgeht. Daher wird schon Mitte Oktober mal probegepackt und die Gepäckstücke gewogen. Auch die ersten Besuche in der Karibik sind schon koordiniert und gebucht, fließende Übergänge, da sollte nicht allzu viel schief gehen. Besuche sind unser Joker, da können Ersatzteile und anderes Benötigtes nachkommen. Es entstehen wieder zwei kleine Haufen mit jeweils ca. 10 Kilo.

Matthew, der Wirbelsturm der Haiti wieder einmal massiv verwüstet hat, ist ja zum Glück noch als moderater Wind und Regen an Grenada vorbei. Die Marina hat uns geschrieben, dass alles ok ist, keine Schäden, da ist man nach drei Tagen zittern und Hurricanseiten beobachten wirklich sehr erleichtert. Gar nicht auszudenken welchen Aufwand wir mit der Behebung von Schäden gehabt hätten, was das finanziell und zeitlich bedeutet. Jetzt stehen uns nur die normalen Wartungsarbeiten bevor, die Farbe für unser Unterwasserschiff ist vorbestellt und sollte bereit stehen, ob wir oben auch was lackieren können wird vom Wetter abhängen. Mal sehn ob es Anfang November schon halbwegs trocken ist oder ob wir die kurzen Regenpausen nutzen müssen um das nötigste hinzukriegen. Freunde von uns sind ja auch über den Sommer drüben geblieben, bzw. schon wieder rüber geflogen, haben zuletzt nur von vielen lästigen Gelsen berichtet, von Regen, der die Arbeiten behindert nicht. Im Sommer und jetzt im Herbst war es zwischen Kolumbien und Panama extrem gewittrig, auch so eine Wetterlage, die man gar nicht haben möchte. Zum Glück haben Lydia, Hannes und Robin alles ohne Schäden überstanden. Für uns sind solche Informationen sehr wertvoll, planen wir ja für nächsten Sommer uns auch irgendwo in diesen Gewässern herumzutreiben und das mit maximalem Komfort und vor allem mit kleinem Risiko auf kapitale Schäden. Die Großwetterlage im Süden der Karibik passt ja nicht so schlecht, es scheint nur, dass wir uns mit Gelsenplagen und Gewitter auseinandersetzen müssen. So ist der letzte Monat gedanklich schon eindeutig im Fokus von Abschied und Reise. 

Wir werden immer wieder gefragt ob man sich hier an Land gut einleben kann. Das beantworte ich eindeutig mit Ja. Wahrscheinlich ist es wie Radfahren, das verlernt man nicht, alles ist rasch vertraut und an Komfort gewöhnt man sich ja nicht so ungern. Da ist es schon fast schwieriger sich vorzustellen, dass wir wieder auf unser kleines zu Hause, das ständige Schaukeln, Ankerwache und einfaches Leben umsteigen. Vor allem die erste Woche in der Marina wird da ein harter Kontrast, ankommen und mal sehn ob alles in Ordnung ist, also kein Schimmel im Boot, alles dicht gehalten hat, nichts gestohlen wurde, usw. Da könnte man sich austoben, an Befürchtungen mangelt es ja meistens nicht. Und wenn dann mal durchgelüftet ist und erste Wohnlichkeit einzieht, weil Betten wieder bezogen, steht man vor einem leeren Wassertank, leerem Kühlschrank und ohne frische Lebensmittel, wurde ja alles dicht gemacht für einige Monate Stehzeit. Wenn das Wasser in der Marina nicht gut zu trinken ist werden wir uns Wasserflaschen kaufen müssen und auch sonst brauchen wir ja zumindest Brot oder irgendwas zum jausnen, sonst sind wir ganz vom Marinabuffet abhängig. Zum Einkaufen liegt die Marina sehr ungünstig, angeblich kommt manchmal ein Gemüseverkäufer und ein Bäcker vorbei, mal sehn ob man so zum Notwendigsten kommt. Anderenfalls müssen wir mit dem Bus zur Hauptstadt fahren und zumindest zwei Rucksäcke voll Lebensmittel besorgen. Solange wir an Land stehen, können wir uns kein Wasser entsalzen, da merkt man gleich wie toll der Einbau des Wassermachers war, diese Unabhängigkeit was Trinkwasser betrifft ist unbezahlbar. Zur Sicherheit werden ein paar Tabletten Mikropur mitkommen dann kann man bekanntlich auch nicht so tolles Wasser trinken, man muss sich eben zu helfen wissen. Es wäre sehr unangenehm wenn die schlechte Laune, die sich ob der zähen Arbeiten ergeben wird noch durch Hunger und Durst verdüstert würde, oder eine Darminfektion alles lahmlegt. 

Klingt, wenn man so drüber nachgrübelt schlimmer als es sein wird, ich bin und bleib positiv, so ein paar Tage Werft bekommt man sicher hin und dann sind wir wieder im Wasser, können uns schöne Plätze aussuchen und genießen, deshalb sind wir ja unterwegs. Das Besondere an dieser Art zu reisen ist ja, dass man schon eine gehörige Portion Anstrengung leisten muss, sich die Schönheit erst erarbeiten muss, man bekommt es nicht all Inklusive geliefert. Dafür haben wir Zeit und Freiheiten, die wir sonst nicht hätten. Und wir haben unser eigenes zu Hause mit, jetzt, wo wir ein Wochenende auf einer sehr spartanischen Alpenvereinshütte waren, ein Hochgenuss, den wir so richtig schätzen. Wenn man zum Beispiel als Tramper reist, sucht man sich einfache Quartiere, weil man ja nicht beliebig viel ausgeben kann und da ist es oft eher dreckig und so manches Getier ist dir näher als dir lieb ist. Hier in den Bergen waren es die Mäuse, recht lebendig an der frischen Losung im Matratzenlager zu erkennen, aber auch ziemlich verendet am Verwesungsgeruch zu vernehmen. Im Süden erwarten dich Kakerlaken und co. Und man glaubt es kaum wie toll es ist Licht mittels Schalter einfach so anknipsen zu können, sonst ist es schon verdammt finster und das ziemlich lange, hier jetzt im Oktober so von sechs abends bis sieben morgens, in der Karibik ist es dann eine heiße Stunde länger hell, also nicht die Welt. Ein Lob auf unsere Solaranlage, ein unschätzbarer Wert, Licht und später der Kühlschrank sind so die wichtigsten Dinge die man nicht missen möchte. Unsere Petroleumlampe an Bord schafft zwar Romantik, aber schon zum Essen hätte man meist gern etwas mehr Beleuchtung damit man sieht was man am Teller hat und damit man auf Nummer sicher geht dass sich am Weg zum Mund nichts dazu schummelt. Auf der Alm mussten wir mit unseren Stirnlampen und Kerzen auskommen, da wächst einem das Ding förmlich am Kopf an, man braucht sie ja ständig und gut, dass sie fest am Kopf hält und man die Taschenlampe nicht in der Hand halten muss, sonst hätte man ständig eine Hand zu wenig für alles, was man so angreift. 

Jetzt mal genug Lob auf den Komfort, der hier an Land so selbstverständlich, aber auch an Bord zum Glück schon ganz gut vorhanden ist und wieder einmal haben wir erlebt, dass es rasch auch anders sein kann. Und ich stelle mir vor, wie mühsam früher der Alltag war, denn Strom im Haus ist noch nicht so lange selbstverständlich und die alten Seefahrer sind sicher mit Petroleumlampen herum geschippert, da mangelte es an jedem Komfort und Essen wurde sicher über den Kaloriengehalt definiert und nicht auf Geschmack und gesunde Zusammenstellung geachtet. Also geht es uns nicht gut! 

Mit jeder Woche die der Flugtermin näher kommt steigt die Anspannung und es macht sich eine Abschiedsstimmung breit. Viele sieht man zum letzten Mal, manche Besuche gehen sich gar nicht mehr aus, ständig ist der Kopf voll mit Tagesprogramm was unbedingt erledigt gehört. Robert werkt fleißig in Graz, ich bin noch viel in Scheibbs und zuletzt auch in Wien. Es war wirklich eine schöne Zeit hier in Österreich und trotzdem zieht es uns wieder in die Ferne, man sieht sich ja wieder, davon gehen wir mal aus, irgendwann, vielleicht wieder in 1-2 Jahren. Klingt unendlich lang, oder eh recht überschaubar, Kinderbetreuungszeiten wären meistens länger. Aber die sind wir gewohnt, sich einfach so frei nehmen ist da schon komischer. Wir werden ja immer wieder gefragt, wie das geht, denn Viele können sich nicht vorstellen, dass man sich ausreichend Geld dafür ansparen kann und beim Gedanken in der Heimat alles mal aufzugeben sind sich die Meisten sicher, dass sie das eh nicht wollten. Und überhaupt, am Schiff leben, so viel Wasser rundherum, den Partner so dauernd auf Tuchfühlung, geht das eh? Die Gespräche sind auf jeden Fall immer eine Gelegenheit Lebenswelten nachzuspüren und idealerweise mit der gewählten zufrieden zu sein, andernfalls könnte sich ja ein sinnvoller Änderungsbedarf ergeben, so wie etwa mehr Freizeit, oder diese bewusster gestaltet, oder die Vorteile und schönen Seiten der Arbeit betrachten, dankbar sein, dass man in Österreich lebt und sagen wir mal sich auf hohem Niveau beklagen kann. 

 

Der Flug über Frankfurt nach Grenada war ok, im Flugzeug war eine angenehme Temperatur und ich hab mich mit meiner Verkühlung, die ich noch von Österreich mitnehme, ganz gut geschlagen. Die Nase war für den Druckausgleich frei und der Reizhusten konnte mit ausreichend trinken gebändigt werden. 

Der Checkout in Grenada war so aufwendig wie noch nie, zuerst mal gefühlte Stunden anstellen weil von jedem Passagier Pass und Einreisepapier kontrolliert und gestempelt wurde. Und dann noch der Zoll, denn wir haben angegeben, dass wir einige Dinge fürs Schiff mithaben und dann wollen sie natürlich die Taschen filzen. Also nochmals anstellen und warten und zusehen wie andere im Gepäckschalter stehen und schon heftig diskutieren und dann 200 Dollar Zoll zahlen, da steigt die Anspannung, was werden sie bei uns beanstanden und was kassieren? Es geht dann erstaunlich flott und unkompliziert, wir zeigen ihm das Malerwerkzeug und die alten Computer, alles ohne großem Wert, also lässt er uns ohne Zahlung durch. Meine Tasche durfte sogar verschlossen bleiben, ich hatte etwas Angst dass er meine Medikamente durchschauen möchte und dann Probleme sieht, aber nicht so, alles auf der anderen Seite des Flughafens raus geschleppt und dann, es war bereits dunkel gleich mit dem ersten Taxi zur Marina. Der angebotene Preis war ok, wir müde, eine gute Kombination um rasch ins Geschäft zu kommen. Interessant, ich hatte sogar im dunklen die Abzweigung zur Marina wieder erkannt, der Taxler ist grad dran vorbei gefahren und als ich fragte, entschuldigte er sich und machte kehrt. Die Marina ist wirklich gut bewacht, beleuchtet wie am Tag, ständig geht wer seine Runden und am Eingangstor wird man nach dem Schiffsnamen gefragt und auch beim Ankommen beobachtet. Wir hiefen unser Gepäck am Heck hoch und fummeln mit dem Licht vom Handy unsere Schlösser auf und dann ein erster Schock. Es riecht muffelig und beim ersten Licht sieht man, dass sich doch erheblich Schimmel über alles gezogen hat, manches weiß pelzig, manches grauer, manches gar nicht. Die Entfeuchter sind alle aufgebraucht, so ein Mist. Jetzt im Dunklen lässt sich da ohnehin gar nichts machen, wir suchen uns die Liegematten und ein Leintuch und legen uns an Deck, erste Nacht unter Sternenhimmel, zum Glück ohne Regen, der wäre jetzt sehr ungelegen. Ein bisschen enttäuscht, dass wir das gesamte Schiff durchputzen und alles durchwaschen müssen, vielleicht muss einiges auch weggeschmissen werden, eine neue Erfahrung, die wir gerne entbehrt hätten, aber so ist es eben, Herausforderung annehmen, Putzmittel besorgen und das Programm für die nächsten Tage steht fest. Und wir sind trotz der misslichen Umstände ganz guter Dinge, die erfreulich Nachricht, das Schiff steht gut, ist äußerlich auf den ersten Anblick ok, also der Mast steht, das Beiboot ist da und sonst springen einem vorerst keine größeren Probleme ins Auge. 

 

So im Freien, angenehm warm, vereinzelt mal das Gesurre einer Gelse, sonst lautes Gezwitscher aus dem Wald und immer wieder heult der Wind. Wir schlafen trotzdem recht gut, nur so gegen fünf bin ich dann ausgeschlafen und nutze den angebrochenen Tag um mal wieder ein paar Zeilen zu schreiben, man soll ja nachts beim Werken keinen Lärm machen und außerdem wäre es nicht schlecht wenn man Tageslicht hätte, also noch etwas warten, so gegen sieben wird es hell. Schreiben ist ja immer auch nachdenken und sich spüren, es fühlt sich im Moment noch fremd an hier, Freude ist es nicht, eher ein Gefühl von Unsicherheit und die Frage, warum tut man sich das an. Naja, auch kein Wunder, wer mag schon Schimmel und Generalputz in alle Ritzen und vor allem die Polsterungen machen mir sorgen, hoffentlich bringt man sie wieder halbwegs sauber. Und dann ist da auch ein  bisschen Heimweh, der Herbst war zuletzt noch richtig Gold glänzend, warm und herzlich, Freunde und Familie fehlen uns, mit dem ersten Internet werden wir uns gleich mal zu Hause melden und euch auch bald mit diesem ersten Bericht mit leben lassen an all den kleinen und großen Dingen die unsere Reise so mit sich bringt. Und das nächste Mal gibt es dann hoffentlich schon einen Rückblick auf die Arbeiten und Erfreuliches von Grenada zu berichten, soll eine tolle Insel sein, auf der sich Ausflüge lohnen.