Martinique II

Domenika muss warten.

Die verbleibende Zeit auf Martinique ist tatsächlich rasch vergangen und wie fast immer haben wir weniger erledigt als wir uns vorgenommen haben. Ist auch kein Wunder, denn die Woche war Österreichwoche in der Anse Mitan. Gemütliche Abende mit Lydia, Hannes und Robin, eine Wanderung die Küste entlang Richtung Süden, die zu einem Gewalthatscher wurde, leider mit viel Gestrüpp und wenig tropischer Vegetation und noch weniger Aussicht, weil immer Büsche davor. Trotzdem ein lustiger und spannender Tag und auch eine Erfahrung, dass es hier im Südwesten deutlich trockener ist als im Inselinneren und an der Ostküste. Daher gibt es hier weniger der tropischen Gewächse und mehr Bäume und Sträucher, die an südeuropäische Macchia erinnern. Es scheint hier auch deutlich weniger zu regnen, freitags war ein Regentag, auch hier immer wieder Regengüsse, aber in Fort de France und im Hinterland war es den ganzen Tag schwarz. In Grande Anse de Arlet haben wir, ohne französisch zu verstehen, erkannt, dass die verzweifelte Frau ihren platten Reifen gewechselt haben möchte und es selbst einfach nicht hin bekommt. Hannes und Robert erledigen die Reparatur mit desolatem Werkzeug, weil kein anderes vorhanden, sind halt Gentlemans und Improvisationskünstler. Dreckige Finger, ein Dankeschön und eine verdiente Pause bei Bier und Saft im nächsten Lokal, dann geht’s weiter zur Anse de Arlet, von wo aus der Bus wieder zurückgehen sollte. Gar nicht so leicht heraus zu finden wo die richtige Busstation ist, schlussendlich klappt aber alles und wir sind in einem der Kleinbusse rasch wieder zurück auf unseren Schiffen.    

Walter und Caroline von der SY Toroa haben ihren Servicestop in Le Marin auch erledigt und sind hierher zurückgekommen, alle gemeinsam machen wir am nächsten Tag eine Inselrundfahrt mit einem Kleinbus und abschließendem Grillabend bei uns an Bord. Der Osten ist extrem zerklüftet, riesige Buchten umsäumt von Riffen, sodass man als Segler nur an wenigen Stellen Platz findet. Die Einfahrten durch die Riffs wären schon mal eine gute Übung in Augapfelnavigation, bei Schlechtwetter ist allerdings an Auslaufen gar nicht zu denken. Man ist dann in der Bucht gefangen, vor Legerwal, daher sind hier auch fast keine Yachten zusehen und auch uns zieht es hier nicht her. Die Strände fast menschenleer, an den Hängen aber auch hier noble Villen, alte Häuser, Gärten, Plantagen. „Rhumdestillerie“ in Sainte Marie darf natürlich auch nicht fehlen. Der junge Rum ist ziemlich scharf, sie versetzen ihn mit Zuckersirup und Zitrone, damit er gut schmeckt, man lernt nie aus. Dann geht es auf den kleinen Straßen zurück Richtung Lamentin, im Schritttempo hinter einem Leichenzug durch ein kleines Bergdorf und Stau auf der Autobahn bei Rush Hour. Nach so einem Autoausflug, an dem man nur wenige Meter geht, ist man trotzdem ganz schön müde. Vielleicht liegt es auch daran, dass es die letzten Tage spät wurde und man immer ein wenig getrunken hat.

Am nächsten Tag bereiten sich die Crews der Blue Lilly und der Toroa für den Aufbruch vor, wir vereinbaren ein Abschiedsbier am Abend auf der Blue Lilly. Dann eine Programmänderung, denn jetzt sind auch Fritz und Gitti von der Trificat hier in der Bucht und laden uns alle auf den Kat ein. Ein unvergesslicher Abend mit Getränken bis zum Umfallen und feinster Musik aus einer professionellen Soundanlage. Fritz und Gitti sind schon länger unterwegs, für uns alle wieder reichlich Neuigkeiten und Revierinformationen. Noch ein gemütlicher Abend mit Gitti und Fritz bei uns an Bord, dann ziehen auch sie weiter, wir bleiben noch bis Montag um die Jugend vom Flughafen zu holen.

Fort de France, samstagvormittags ist tatsächlich wesentlich lebendiger, neben reichlich Touristenstandeln auch Obstmarkt, offene Lokale, Supermärkte und was man sonst noch alles in einer Stadt erwartet. Wir schlendern durch die belebten Gassen im Zentrum, bewundern die historischen Bauten, genießen die Stimmung, die durch Kunst, Steelbands und eine Kundgebung für Frauenrechte sehr lebendig ist. Leider verstehen wir nicht viel von dem, was hier energisch kundgetan wird, es erinnert aber sehr an europäische Demonstrationen und Unterschriftensammelaktionen, so wie ganz Martinique sehr an Südfrankreich erinnert. Montag nehmen wir nochmal ein Leihauto und nutzen den Flughafentransfer für einen Ausflug. Da wir keine großen Strecken fahren möchten, entschließen wir uns für den Inselsüden, die Küstenwanderung zur Anse de Salines, einem der Traumstrände der Insel. Von St. Anne aus, kennen wir ja schon, geht es immer die Küste entlang, durch den Wald, entlang von Mangroven oder direkt am Strand. Die fast menschenleeren Traumstrände reihen sich hier, mit Felsvorsprüngen durchbrochen, aneinander. Ein gemütliches Dahinspazieren mit Badestop, so lässt es sich leben. Hier lernen wir auch die Krabbenfallen kennen, die sie über die Löcher der Krabbenwohnungen stellen, innen drinnen was Leckeres und außen drauf ein Stein, der dann den Deckel zudrückt. Einfach, effizient und totsicher für die Krabbe, die allerdings lebend aus ihrer Falle entnommen wird und die Reise zum Kochtopf noch miterleben darf. Der Tag vergeht rasch, mit schon fast vollem Kofferraum vom Einkaufsstop beim "Leader Preis" geht’s dann pünktlich zum Flughafen, die Jugend ist müde, aber wohlauf angekommen, das Gepäck passt auch noch ins kleine Auto und wir sind in 20 Minuten wieder zurück am Schiff. Der erste Abend ist kurz, die Nacht lang, der Schlaf erholsam, jetzt kann`s losgehen, wir wollen ja Tina in den nicht ganz zwei Wochen einen Eindruck von der Karibik vermitteln, also Aufbruch Richtung Norden. Erster Segeltag, wenig Wind, der Motor hilft ein wenig mit und wir erreichen rasch San Pierre, die ehemalige Inselhauptstadt. Wurde 1902 vom Vulkan Montange Pelee vollkommen verschüttet, eine Katastrophe mit 30 000 Toten, hat sich seither nicht mehr ganz erholt und ist ein kleiner verschlafener Ort geblieben. Der gefährliche Berg zeigt sich majestätisch im Hintergrund, abends sogar wolkenfrei, eine Traumkulisse für unseren ersten gemeinsamen Grillabend. Beim Strandspaziergang werden die ersten tollen Fotos geschossen, jetzt ist GOPRO Time, Julian und Tina haben die kleinen Kameras fest im Griff und immer dabei.

Trotz Regen starten wir gleich am nächsten Morgen zur Wanderung, den Sklavenweg, Canal de Beauregard, sollten sie unbedingt gesehen haben. Von hier aus kann man mit dem Bus bis fast zum Startpunkt fahren, die Straße 1,5 Km hinunter und schon steht man mitten im Dschungel und wandert den Kanal entlang. Wir nutzen natürlich die Gelegenheit und ernten an den Hängen auf verlassenen Plantagen einige der tropischen Früchte, die alle verkostet werden wollen. Der Cacao hängt hier zumeist schon dürr an den Bäumen, die wenigen gelborangen Früchte meist zu hoch, die Kokosnüsse sind häufig schon ausgetrieben, so bleibt die Ernte überschaubar und passt leicht in den Rucksack. Auf der Straße, vorbei an Villen und Gärten geht es dann ca. eine Stunde noch bergab zurück nach San Pierre.

Nachmittags schwimmen, rasten und vorbereiten, denn wir wollen über Nacht gleich mal nach Domenica, es ist auch wieder besserer Wind angesagt, so um die 15 Knoten, da müssten wir es bis Donnerstagmittag schaffen. So um neun Uhr geht’s los, hart am Wind passt der Kurs, ist wesentlich anstrengender als mit raumen Wind zu segeln, geht aber so ganz gut, bis wir aus der Abdeckung der Insel rauskommen. Der Wind legt kontinuierlich zu, die Wellen werden immer höher, das Schiff, auch maximal gerefft, kaum zu steuern. In den Böen hat es inzwischen 40 Knoten, 30 im Grundwind, wir drehen ab, so erreichen wir Domenica heute Nacht nicht, oder nur mit größeren Schäden. Wir haben auch ernste Bedenken ob wir bei den Bedingungen in einer Woche wieder verlässlich nach Martinique zurückkommen würden, Tina muss ja ihren Flug erreichen. Den Rest der Nacht geht es, auch noch sehr ruppig wieder zurück nach Martinique, jetzt ist klar, wir werden uns hier noch einige nette Plätze suchen, die wir zum Glück ja schon erkundet haben.

Erste Wahl ist die Anse de Arlet, hat uns gut gefallen, besonders "Schnorcheln mit Schildkröten" und bei den Felsen eine schöne Auswahl bunter Rifffische. Dann St. Anne, denn wir müssen uns in Frankreich wieder einklarieren, haben uns nach Domenica abgemeldet und sind, mit einer nächtlichen Runde rasch wieder zurück. In Le Marin kaufen wir günstig neue Fischköder, unsere Bestände sind schon stark dezimiert, hängen an Fischerbojen, die wir immer wieder mal fangen, weil sie hier teilweise nur mit zwei durchsichtigen Plastikflaschen, kaum sichtbar im Wasser hängen. Bei den Fischpreisen hier reicht eine große Dorade oder ein Thuna und wir hätten die Investition schon wieder herinnen und jetzt wo Julian an Bord ist, sind die Angeln, mindestens zwei,  ohnehin so oft geht drinnen.

Die Dingifahrt durch den Mangrovenfluss ist ein tolles Nachmittagsprogramm, der nächste Tag vergeht mit Baden und Strandwanderung, die unseren winterweißen Gästen, trotz Sonnenschutzfaktor 30, etwas Röte auf die Haut zeichnet.

Hier im Süden gibt es ohnehin keine weiteren wirklich lohnenden Wanderungen, also werden wir die nächsten Tage im Schatten an Bord oder im Wasser verbringen, da wird die Haut geschont und gesund gepflegt. Jetzt ist es easy, jeden Tag eine kurze Strecke segeln, schöne Bucht aussuchen, schnorcheln, genießen.

Am südlichen Ende der Anse De Arlet, heißt es Anse Chaudiere, hier ankern nur wenige Schiffe, es ist ein tolles Schnorchelgebiet. Wir nutzen es ausgiebig, so viele bunte Fische in allen Größen bekommt man nicht überall vor die Brille und Kamera, man kann sich gar nicht satt sehen. Da bewähren sich die Neoprenanzüge, man kühlt nicht so rasch aus, wenn man mit ein paar Flossenschlägen so vor sich hin gleitet und schaut.

Zwei Tage sind wir ausgiebig im Wasser, hier gibt es Unmengen der riesen rosa Muscheln, viele leere werden herausgetaucht. In manchen finden sich dann doch noch ein Bewohner, ein Krebs, eine kleine Muräne und eine Calamarimutter mit ihrem Baby, alle kommen sie wieder zurück ins Nass. Julian harpuniert auch die ersten Langusten, die abends am Grill eine leckere Vorspeise ergeben. Es gefällt uns hier so gut, dass wir keine weitere Bucht mehr besuchen und am Donnerstag gleich nach Fort de France segeln. Freitags geht sich dann noch ein ausgiebiger Stadtbummel mit Einkauf, Lebensmittel für uns und Geschenke für die zuhause Gebliebenen, aus. Der Koffer steht halb gepackt im Salon bereit, es ist wieder einmal Aufbruch- und Abschiedsstimmung, schade, dass die Zeit so rasch vergangen ist und Valentina uns schon wieder verlässt.

 

Wir bereiten uns erneut auf die Überfahrt nach Domenica vor, diesmal ist weniger Wind angesagt, ausklariert haben wir schon, wäre schon blöd, wenn wir morgen nach einer unerfreulichen Nachtschicht erneut in Martinique einklarieren müssen.