Überraschungen
Jetzt ist es schon wieder zwei Wochen her, als wir noch full House hatten, alle Jugendlichen sind wieder gut zurück in Österreich und zurück in ihrem Alltag. Auch wir haben uns schon wieder in unseren Alltag zurückgezogen, segeln gemütlich vor uns hin, bleiben, wann immer es geht zwei, manchmal auch drei Tage, genießen Landausflüge und jetzt auch noch unbeschwertes baden in den wunderbar türkisen Buchten. Was gab es besonderes in der letzten Woche? Allein die Frage schärft die Sinne sich auf Erlebtes und auch auf all die Kleinigkeiten zu besinnen. Der erste Stopp nach Monemvasia war wieder mal eine Bucht, Kyparissi, mit unangenehmen Schwell, inzwischen allen bekannt und jeder aufmerksame Leser wird gleich unangenehm hin und her geschaukelt und stört sich am Geklapper und Geraunze was dazugehört. Naja, die Nacht verging auch und gegen Morgen wird es hier in Griechenland immer deutlich ruhiger, was dazu führt, dass man rasch vergisst wie unangenehm es vorher war. In den Morgenstunden holt man den versäumten Schlaf nach und steht guter Dinge, etwas später aber immer noch früh genug für den nächsten Tag voller Tatendrang auf. Landgang lustet uns in dieser Bucht nicht, wir beschließen nach Leonidion weiter zu segeln, dort gibt es eine Mole und wir könnten wieder mal mit den Rädern ausfahren. Einige Stunden später, nähern wir uns dem Hafen, der eine seltsam zusammengebrochene Mole Richtung Meer zeigt, was soll das? Die Wellen schlagen über, macht mehr den Eindruck von einem Riff, da sollte man sich fern halten. Da legt auch sicher keine Fähre mehr an, wie im Hafenhandbuch beschrieben. Ist da überhaupt Anlegen noch möglich?
Wir wollen nicht vorschnell urteilen und womöglich abdrehen und dann bleibt ein völlig falsches Bild, also hin zur Mole und auf jeden Fall einen Blick hinter die Trümmer werfen. Der Hafen ist nicht berauschend groß, aber es gibt noch einige Meter intakte Kai, an der man auch anlegen kann. Ein Schiff liegt am Rande der Trümmer längsseits, daneben springen Kinder unbeschwert ins Wasser, hoffentlich ist ein Notarzt rasch zur Stelle, wenn sie sich an Unterwasserhindernissen aufschlagen. Vis a vis sind einige Tavernen an einem kleinen Strand und einige Badegäste. Der eigentliche Strand ist außerhalb des Hafens, einige Kilometer lang, Sand und Kies. Genug Platz für uns, wir gehen auch längsseits, denn in diesen verlassenen, halb verfallenen Ort werden sich nicht allzu viele her verirren. Weit gefehlt, denn in den nächsten Stunden, wir sitzen gerade gemütlich in einer Taverne bei Café und Retsina, tauchen nach einander insgesamt zehn Boote auf, die Hälfte davon gehört zu einer amerikanischen Flottille, die, wie wir später erfahren, jeden Dienstag hier einfallen. Alle gehen rund um uns mit Bug an den Kai, wir schauen dazwischen richtig asozial aus, aber jetzt läßt es sich auch nicht mehr ändern, denn wir haben null Bewegungsspielraum, also sitzen wir das bis morgen aus. Zum Glück kommt sehr spät noch ein kleines französisches Boot, die dann bei uns längsseits gehen, wir großzügig, bitten sie sogar darum, dann schaut unsere Lage nur noch halb so blöd aus und die zwei Jungs laufen halt ein paar mal vorne über unser Deck an Land, stört uns nicht. Für die amerikanische Horde, sind ja um die 60 Personen, wird eine große Tafel vor den Tavernen gerichtet, dort ist dann Abendabspeisung, danach gibts in der zweiten Reihe der Häuser auch eine Disko und Bar, dort werden sie abfeiern und hoffentlich auf den Booten dann nicht weiter Party machen. Sonst wäre das die nächste Nacht mit gestörter Nachtruhe, diesmal nicht wegen Bewegung sondern wegen Lärm. Kommt alles nicht so schlimm, sind so gegen eins auch alle recht friedlich und wir schlafen gut. Wasser gibt es an der Mole, wirklich gutes aus den Bergen, die hier im Hinterland hoch hinaufragend die Täler sehr fruchtbar machen und unsere Wasservorräte wieder füllen. Ein fast perfekter Ort, wir radeln auch zum eigentlichen Ort Leonidion, nichts aufregendes, nichts außergewöhnlich Tolles oder Schönes, aber gemütlich und sehr griechisch, bis auf den Hafen dürfte der Ort nicht auf Touristen warten und die meisten werden den Hafen auch nicht verlassen und sich in den Ort begeben, sind ja doch 4km auf der Straße. Mittags wieder zurück beim Boot wird uns unsere Überlegung, ob wir noch eine Nacht bleiben wollen, abgenommen. Die Coast Guard schaut einen Sprung vorbei und meint, hier darf man nicht längsseits liegen, wir sollten uns umlegen oder wegfahren, inzwischen sind wir, bis auf zwei weiter Boote wieder fast alleine hier, jetzt wärs grad kein Problem, aber wir wollen eh nicht nochmal so unangenehm auffallen. Da ist nur noch das kleine Boot was an uns dranhängt, die zwei französischen Jungs sind irgendwo unterwegs und wir können sie nicht einfach abhängen und losfahren. Ratlose Blicke, dann malen wir ein entschuldigendes Bild, dass wir weg mussten und hängen sie vorsichtig um.
Wir nutzen den Wind und düsen rüber nach Porto Heli, rein in eine der Buchten, jetzt kann man auch wieder problemlos vom Boot ins Wasser hüpfen, im Hafen war's eh nicht möglich. Genussvolle Badetage und nebenbei schauen wir auch im Ort vorbei, denn dort soll unsere Yacht ihren Winter verbringen. Wir schleichen um das Werftgelände, ist an den Masten die an Land ja sonst nichts verloren haben unschwer zu erkennen, aber rundum kein Bürogebäude, nichts angeschrieben, ein Uraltkran, der sichtlich auch unser Boot aus dem Wasser hiefen wird und eine Mole, die keinen direkten Zugang zum Abstellplatz hat. Die Yachten werden tatsächlich einige hundert Meter auf der Straße entlang geführt um dann hinter dem Supermarkt in das Werftgelände abzubiegen und auf dem Platz zu verschwinden. Die Angestellten, die jetzt im Sommer die Stellung halten, denn jetzt ist quasi nichts los, sind sehr nett, zeigen uns alles und erklären uns nochmals die Abläufe. Wir sehen uns also im Oktober wieder, und so schleichen wir mit sehr gemischten Gefühlen wieder davon. Ist die Wahl die richtige? Ist unser Boot hier gut aufgehoben? Wir beruhigen uns damit, dass es in anderen Werften auch nicht besser ausschaut und wir hier den Vorteil haben uns wenigstens verständigen zu können, denn Franks Yacht Station führt ein Österreicher.
Und so vergehen die Tage, wir handeln uns Richtung Athen, haben genug Zeit und nehmen, weil wir es uns aussuchen können, nur gute Winde um einen Ortswechsel zu bewerkstelligen. Nächster Stopp Ermioni, weil für die nächsten Tage Starkwind angesagt ist und wir sicher liegen wollen. Hier wiederholt sich fast die Szene von Leonidion, Ansteuerung, wir sollten uns laut Hafenhandbuch von der vorgelagerten Insel und den Untiefen rundum gut freihalten. Die Insel ist bald mit dem Feldstecher ausgemacht, da kommen wir eh nicht knapp vorbei, doch bei genauerer Betrachtung der Wellen sieht man, dass Untiefen weit in die offene Wasserfläche hineinragen, ein kleines Riff, ohne jede Kennzeichnung. In der Nacht möchten wir da nicht unterwegs sein, da ist es eine Frage der Zeit bis man irgendwo aufläuft. Wir sind ja nicht gerade Kroatienfans, aber was die Kennzeichnung von solchen Hindernissen betrifft sind die Kroaten wirklich topp. Hier ist es eher schon ein Vorgeschmack auf die Südsee, wo man noch weniger Anhaltspunkte hat und immer mit der Augapfelnavigation unterwegs sein muss. Dazu muss man aber schlussendlich zumindest bis zur ersten Saling in den Mast, vielleicht wollen sie uns hier schon mal zum Üben animieren. Und der Ort, die Bucht, auf den ersten Blick enttäuschen, das Wasser der Bucht trüb und wirklich schmutzig, teilweise auch stinkig und manchmal schwimmt auch ein Ölfilm daher, alle Mülleimer überfüllt, macht insgesamt eher einen abweisenden Eindruck. Wir bleiben und warten den starken Wind ab und außerdem nutze ich gerade die Tage um noch anstehende Arbeiten fertig zu stellen, da kommt es gar nicht so ungelegen wenn es keine Ablenkung gibt. Der Ort entpuppt sich dann aber als Ort mit zwei Gesichtern, es gibt eine Halbinsel die wunderschön bewaldet so eine Art Park ist, da joggen die Leute, Jugendcamps rüsten gerade ab, Familien sitzen auf Bänken herum, nur Enten gibt es keine zum Füttern, sonst ist es so wie bei uns. Und auf der anderen Seite gibt es noch eine Mole, die deutlich gepflegter aussieht, da liegen auch einige Yachten, denn der starke Wind hat schon wieder nachgelassen. Der Ort dazwischen zieht sich über den Hügel und hat viele enge Gassen und schöne alte Häuser, teilweise schön gepflegt, teilweise halb oder ganz verfallen, dazwischen Neubauten und Baustellen, aber insgesamt ein ruhiger schöner Ort, nur das Gesicht des Hafens, der Anblick vom Wasser aus, die Wasserqualität und das Müllproblem läßt zu wünschen übrig. Und bei so vielen schönen und tollen Orten fällt der dann eben als "na da muss man nicht hin" auf.
Die nächste Bucht ist wieder so wie wir es uns vorstellen, Insel Dokos, nahezu unbewohnt, große Bucht, die Boote verteilen sich gut, obwohl man schon merkt, dass man näher bei Athen ist und hier viel mehr Chartersegler unterwegs sind. Da sind zehn und mehr Boote in einer Bucht oder im Hafen nichts besonders. Wir stehen etwas abseits, der Blick aus der Bucht ist weit, in der Nacht sieht man die Lichter der Häuser am Peloponnes, sonst sind die Nächte jetzt fast ganz dunkel, der sichelförmige Mond verschwindet rasch hinter dem Hügel, übrig bleiben Millionen Sterne und meist eine pechschwarze Wasserfläche rund um uns. Am anderen Ende ankern zwei fette Motorboote, die in der Nacht wie eine Kleinstadt beleuchtet sind und untertags mal mit und mal ohne Motorboot Wasserski fahren. Wenn der junge Mann mit seinem Monoski mit irgendeinem Antrieb hinten drauf so durch die Bucht flitzt, nach dem Motto "ich brauch euch alle nicht, fahr ganz allein" klingt das ein bisschen so wie wenn Wespen zwischen Essen und Kopf hin und her fliegen und eben dieses lästige hohe Geräusch machen. Man möchte sie am liebsten abklatschen. Sonst ist es hier ganz ruhig, hin und wieder Almgebimmel, die vertrauten Klänge der Kuhglocken gehören aber zu Ziegen, die hier gemütlich herum spazieren. Auch Robert fährt jetzt schon große Runden mit dem SUP, sind so unsere Joggingrunden morgens und abends, hilft super gegen Verspannungen und hält fit.