Wind

Wind ist das Wichtigste was man zum Segeln braucht und davon haben wir leider die ganze Woche schon zu wenig. Jeder Tag ist geprägt von den angenehmen Momenten wo der Wind auf 7 Knoten oder sogar mal 10 Knoten auffrischt und wir mit etwas über 5 Knoten eine passable Reisegeschwindigkeit haben. Dieses Glücksgefühl hält leider meist nur eine Stunde oder unmerklich länger, dann müssen die Segel wieder runter. Alles wegpacken, manchmal auch den Motor an um mit geringer Geschwindigkeit das Boot in Bewegung und auf Kurs zu halten. Dann wieder ein Hauch von Wind, 4-5 Knoten von achtern, also Spi wieder rauf, Dann fahren wir mit 3,5 Knoten, immerhin mehr als nichts. Das erinnert an die Leichtwindregatten, da ist guter Segeltrimm das Wichtigste. Ist die Geschwindigkeit durch einen Steuerfehler mal weg, kommt man kaum mehr in Fahrt. Zum Glück ist der Autopilot verlässlich und recht genau, sodass man nur von Zeit zu Zeit etwas nachtrimmen muss. Nicht auszudenken wie mühsam wir jetzt ohne Autopilot unterwegs wären. Die rasche Anschaffung noch in der letzten Woche vor der Abreise und der sofortige Einbau durch Robert also wirklich ein Gewinn.

Und so vergehen die Stunden, das Meer ist ölglatt jede Kräuselung wird sehnsüchtig erwartet, hier gibt`s Wind. Einige Ortschaften und Häfen, in denen es zum Anlegen auch nicht lohnt, ziehen vorbei. Besonders interessant ist, dass wenn man sich zum Anlegen entschließt und eine Hafenmole anpeilt, der Wind auffrischt und so das Weitersegeln, weil es eh so schwer ist, sich aufdrängt. Anlegen ist ohnehin nicht unsere Sache. Die Häfen sind meist große Industriehäfen, in der Ecke, sehr unattraktiv eine kleine Marina, anmelden beim Hafenmeister, der Ort einige Kilometer vom Hafen entfernt, und unsere Erfahrungen lassen uns auch schon wieder Abstand von dem Vorhaben nehmen. Also weiter, kontinuierlich schieben wir uns mit minimaler Geschwindigkeit, ein Fußgänger würde an uns vorbeilaufen, in Richtung Süden. Und in den vielen Stunden die ein Tag so hat, wir sind seit 6 Uhr unterwegs, geht ja schlussendlich doch was weiter. Cup Vieste ist zumindest schon in Sichtweite. So ist es uns gelungen seit Ancona nicht mehr anzulegen, in den Nächten haben wir geankert, meist im Schutz der Hafenmole.

Bis weit nach Pescaro ist Italien durchgehend mit Sonnenschirmen und Liegen ausgestattet. Nahezu durchgehend in Feldern unterschiedlicher Größe und Farbe. Hier im Süden sehr luxuriös, groß und aus Bastmaterial, so mit Südseeflair. Und dann hören die Schirme auf, die Häuser stehen auch nur mehr vereinzelt an der Küste, die Strände lange, einsam und menschenleer. Und das alles auf den paar Meilen, die so an uns vorbeigezogen sind. Und was vielleicht noch erwähnenswert ist. Mit dem Verschwinden der Schirme sind auch die Fähnchen verschwunden. Nur noch ganz vereinzelt treffen wir eins. Fragt man sich was so ein einzelnes Fähnchen macht und wer da vorbeikommt um den Fang zu holen?

 

Was bringt so ein langer windloser Tag? Scheinbar nichts oder doch Besonderes, wir haben heute unsere erste Makrele an der Schleppangel. Die Angel hat Robert gestern aktiviert und eher lustlos ins Wasser gehängt. bei der minimalen Geschwindigkeit, strahlendem Himmel und Affenhitze beißt ohnehin nichts an. Unsere bisherige Erfahrung aus Kroatien, etwa 60 Seemeilen östlich von hier, also warum sollte sich hier was tun. Gestern haben wir dann die Angel an einem der vielen Fähnchen verhängt und dem Köderfisch seinen Haken abgerissen, also der Anfang nicht vielversprechend. Aber so wie mit dem Wind ist die wichtigste Devise nicht aufzugeben, kontinuierlich dran zu bleiben, dann kommt man ans Ziel. Beim Fischen haben wir mehr Glück als mit dem Wind. Nach der ersten Makrele, 27 cm lang, große Freude und die ersten Fotos von Fang und Verarbeitung. Wenig später, bei einem der gewohnten Rundblicke frage ich Robert warum die Angel da hinten so glänzt und doch auffällig mehr tanzt als vorher. Zwei weitere Makrelen haben angebissen, etwas kleiner, sie haben die Angel gar nicht zum ausrauschen gebracht, hängen einfach so dran und schwimmen mit. Also große Freude, den Fang einholen, Winschkurbel, Messer, Behälter zum Fischputzen usw. Fotos nicht vergessen, denn wir sind schon stolz auf unseren ersten Fang. Dann etwas später noch eine große Makrele die sich wieder durch das Ausrauschgeräusch bemerkbar machte. Nach weiteren drei Makrelen die sich gemeinsam an den Angelhaken rangemacht haben, meinte Robert in seiner trockenen Art, jetzt ist' s aber wirklich genug. Sieben tolle Makrelen, alle gleich ausgenommen, geputzt, einmarschiert und im Kühlschrank bis zum Abend verstaut. Ich hole die Angel ein, jetzt ist' s genug, wir wollen ja nicht riskieren, dass wir noch welche fangen. Schon komisch diese Welt, zu viel und zu wenig, warum kann nicht alles perfekt passen? In unserer Welt angekommen passt aber heute alles, guter Fang, schöner Tag, alles gut gelaufen. Keine Ziele, daher auch nichts verfehlt. Jetzt noch den Fisch mit Reis edel verspeist und vielleicht eine Nachtfahrt. Mal sehen was der Wind heute noch bringt.