Mani
Sonntagfrüh in Kalamata, das Handy weckt uns, echt ungewohnt, wir springen auf, der Flug ist schon angekommen und da Kalamata ein recht kleiner Flughafen ist und die Fahrt mit dem Taxi zur Marina auch nur 10 Minuten dauert, sind alle fünf Jugendlichen auch schon am Steg. Jetzt geht's los. Alle in Urlaubsstimmung, wo kann man ins Wasser, schnorcheln, tauchen, mit dem SUP paddeln, fischen und einfach das Leben am Boot genießen. Wir müssen noch warten bis der Bäcker um 10:00 Uhr aufsperrt und wir noch frisches Brot bekommen, dann aber rasch raus und fürs erste nur eine kurze Strecke in die nächste Bucht. Als einsame Bucht mit nur ein paar Tavernen beschrieben, genau das Richtige. Was sie nicht verraten haben ist, dass man die Disco auf der Strecke nach Kalamata bis spät in die Nacht auch hier noch gut hört. Einsame Bucht mit Discomusik bis in die Morgenstunden. Keinen stört's, denn die Müdigkeit nach der Reisenacht und dem ersten Tag auf See rafft alle früh nieder. Im Prinzip ist alles gut eingespielt, haben wir auch in den letzten Sommern so gemeinsam Urlaubswochen verbracht, alle sind seetauglich und unkompliziert, was das einfache und enge Bordleben betrifft. Und doch ist heuer alles anders, wir sind schon auf Fahrtenyacht ausgerüstet, haben die Räder an Bord und so fehlt zumindest ein Schlafplatz in einer Koje. Julian und Raphael wollen ohnehin an Deck schlafen, so der Plan. Da in den Heckkojen in der Nacht teilweise die Luft steht und es unerträglich heiß wird, schlafen dann alle an Deck, sodass es ein Griss um die Polster gibt, jeder möchte gerne halbwegs weich liegen. Wenn so viel Leben an Bord ist, muss auch ständig geschlichtet und verstaut werden, gekocht, abgewaschen, Wasser nachgefüllt, eingekauft, auch Bier geht so gut weg, dass wir am Ende der ersten Woche schon wieder nachpunkern müssen. Zu zweit haben wir wenig gebraucht, dass wir nur alle paar Tage einkaufen mussten, jetzt sollten wir täglich zumindest einmal frisches Brot kaufen und den Müll von Bord bringen. Nachdem wir jede Nacht ankern, sollte das auch kein Problem sein, meint man. Doch was wir nicht so bedacht haben, beziehungsweise uns anderes vorgestellt haben ist, dass wir am zweiten Finger des Peloponnes unterwegs sind, dem kargen und unwegsamen Land in dem die Mani wohnen. Zuerst aber noch ein Stop in Koroni, wir wollen unbedingt noch gemeinsam in die gemütliche Taverne, die wir die Woche davor gefunden haben. Reichlich gemischte Platten, Kalamari, Salat, Ouzo, ein langer gemütlicher Abend und am nächsten Tag noch ein Badestopp in der Schildkrötenbucht südlich von Koroni, dann aber weiter zum zweiten Finger. Ich lese viel über die Gegenden in denen wir uns aufhalten und was uns so erwartet und die Geschichte hier ist wirklich sehr interessant.
Die Mani waren sehr wehrhaft, wohnten in Turmhäusern, kleinen Festungen, die in Ansiedlungen stehen, aber jeder Klan für sich. Sie mochten sich untereinander nicht besonders, man liest sie hatten laufend Familienfeden und befeuerten sich von den Türmen aus. Offene Kämpfe durfte man nur einmal mit dem gleichen Gegner haben, eine vernünftige Regulation der Gewalt. Zusammengehalten wurde nur wenn es Außenfeinde gab, zum Beispiel die Türken, die es nie schafften die Mani zu beherrschen. Beruflich waren die Mani Piraten, in den Höhlen der Küste entlang sollen die Schätze noch lagern, die Felswände sind aber so abweisend, dass wir uns zum Schutz unseres Segelbootes gut fern halten. Auch die Höhle, die als Tor zur Unterwelt beschrieben ist wird nur mit dem Beiboot erkundet, so einen Blick in die Unterwelt sollte man sich nicht entgehen lassen. Orte an der Küste gibt es logischerweise kaum und sichere Ankerbuchten sind auch rar, was eine gute Planung der Route sehr erschwert. Gerolomini, ein ehemals wichtiger Hafen an der Westseite des zweiten Fingers, ist ein guter Zwischenstopp. Die letzten Meilen entlang der hohen Felsen sehr eindrucksvoll, vorbei an Höhlen, in der Bucht taucht dann der Ort auf. Im Hinterland an den Hängen weitere Manisiedlungen, jetzt sind wir da in dieser entlegenen, unwirtlichen Gegend. Der Ort schaut nicht gerade überwältigend aus, ein paar schön rausgeputzte Häuser, Hotels, Tavernen, Cafés, ein kleiner Kiesstrand, wenig Badegäste, als Urlaubsort scheinbar doch nicht der Renner. Wie gesagt, Müll an Land und abends noch was zum Grillen kaufen, die erstandenen Würstel entpuppen sich als sehr fettige, salzige Dinger. Der kleine Minimarket hat die übliche geringe Auswahl, interessanterweise gibt es etwa genauso viel Putz- und Waschmittel wie Essbares, hauptsächlich Haltbarnahrung und Süßigkeiten. Frisches Brot gibt es um 10:00 Uhr Vormittag immer noch keines und die Verkäuferin kann auch nicht sagen ob sie noch eines bekommt. Wind kommt auf, wir sollten weiter, daher kein Brot aber wir sind am Abend ja auf der Ostseite in einer großen Bucht in der ebenfalls ein ehemals wichtiger Hafen, Porto Kajo ist, dann kaufen wir eben dort ein. Porto Kajo ist noch kleiner, hat vier Tavernen, zwei Pensionen mit Zimmern, ein paar Privathäuser und gar keinen Market. Also kein Brot, nichts Frisches, da muss eben haltbares aus den Schapps herhalten und in der Früh wird frisches Brot und Kuchen selbst gebacken, man weiß sich ja zu helfen. Die Bucht ist landschaftlich sehr schön, abenteuerlich, die Straße windet sich in endlosen Serpentinen den Hang hinauf und verschwindet oben scheinbar im nichts, denn wie wir wissen, ist auf der anderen Seite ja das andere Ende der Welt. Mir gefällt es trotz des harten Windes der über die Bucht fegt und der mangelnden Versorgung sehr gut, Robert ist angespannt, einer italienischen Yacht ist der Anker ausgebrochen, sie sind über die ganze Bucht geslippt und an einem Felsen vor der Einfahrt hängen geblieben. Den ganzen Abend haben wir sie beobachtet wie sie versucht haben wieder frei zu kommen, da leidet man immer mit. Leider können wir ihnen weder mit Tauchgerät noch mit Beiboot mit starkem Motor aushelfen, schließlich geben sie auf und bleiben dort hängen, scheint ja ein sicherer Platz zu sein, denn trotz viel Mühe kommt man nicht mehr weg. Wahrscheinlich haben sie nicht gut geschlafen und auch Robert möchte diese Gegend am liebsten rasch verlassen. Nächster größerer Ort Gythion, ist ein geeigneter Ort um Alex wieder zurück zum Flughafen nach Kalamata zu schicken. Von hier gibt es eine Busverbindung, wie sich herausstellt mit zwei mal umsteigen und sonntags erheblichen Wartezeiten, daher besser doch mit dem Leihauto. Wir müssen ein großes Auto nehmen, 55 Euro der Tag, ein Dacia, unter groß hätten wir uns was anderes vorgestellt, aber Hauptsache er fährt und hat Klima. Sonntag dann für mich, die zwei Jungs und Alex ein Ausflug, vorbei an Sparta, ist historisch sehr interessant, Ausgrabungen sind allerdings kaum vorhanden, daher Besichtigung von Mystras. Wirklich sehenswerte, gut erhaltende byzantinische Siedlung mit einigen Kirchen, Häusern, gepflasterten Straßen und Festung am Gipfel des Berges. Die Aussicht über die Gegend ist überwältigend, im Hintergrund wieder die Berge der Mani, von Nord nach Süd, und von Ost nach West, jetzt haben wir sie von allen Seiten gesehen und mit dem Auto geht es dann auch in endlosen Serpentinen, wie schon gesehen auf 1250 Meter, wieder runter, wieder rauf, durch eine enge Schlucht und so weiter, zuletzt steil bergab nach Kalamata. Für die insgesamt 100 Kilometer in eine Richtung braucht man so über zwei Stunden reine Fahrzeit. Zum Glück haben wir genug Zeit und kommen gut müde um fünf wieder zurück nach Gythion um das Auto wie vereinbart abzugeben, nur leider ist niemand da, Geschäft zu, keine Glocke, seltsam. Im Souveniergeschäft daneben gebe ich dann den Schlüssel ab, man wird ihn morgen für uns zurückgeben. Autovermietung anders als wir es gewohnt sind, Griechen haben noch echtes Vertrauen in die Mitmenschen, sehr sympathisch. Hoffentlich werden sie nicht enttäuscht und müssen dann auch mit Versicherung und Absicherung, Bestätigung und Kontrolle alles regulieren. Jetzt ist es echt unkompliziert, ideal für uns.
Eine Woche karge Landschaft, satte zwei Tage Gythion, mit Großeinkauf, gemütlichem Essengehen in einer Taverne und Nachtleben für die Jugend, alles mit starken wechselnden Winden sind genug, wir wollen weiter Richtung Süden zum dritten Finger. Die Rundung des Cup Maleas kann wegen Starkwinden kompliziert werden, Vorfreude, Anspannung, auf jeden Fall müssen wir genug Zeit einplanen damit wir rechtzeitig vor dem nächsten Wochenende wieder in einer größeren Stadt sind und einen Anschluss zum Flieger nach Kalamata finden. Leihauto oder Taxi, denn der Flug geht schon um 8:00 Uhr Früh. Jetzt liegt aber noch eine Woche Urlaub mit der restlichen Jugendcrew vor uns, mal sehn wie's weitergeht.